Stattliche staatliche Investitionen sieht der Rahmenplan der ÖBB für die kommenden sechs Jahre vor: 19.000.000.000 Euro verheißen nicht nur der Bauwirtschaft gute Zeiten, sondern sind auch ein Konjunkturimpuls für den Standort Österreich und ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz.
Nerven sparen – Bahn fahren, lautete schon vor Jahrzehnten ein eingängiger Slogan der ÖBB. Wer heutzutage den Privat-Pkw stehen lässt und sich der Bahn anvertraut, schont allerdings sowohl das Nervenkleid als auch das Klima. Mit ein Grund, warum das Bundesministerium für Klimaschutz (und Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie) massiv in den Ausbau und die Verbesserung der Bahninfrastruktur investiert: 19 Milliarden Euro fließen laut aktuellem Rahmenplan bis 2028 in das heimische Schienennetz.
ÖBB als Arbeitsplatzlokomotive
Diese beachtliche Summe dient neben der Steigerung der Annehmlichkeit, mit der 188 Millionen Fahrgäste und 95 Millionen Tonnen Güter pro Jahr (2021) an ihren Bestimmungsort reisen, auch der Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Österreich. „Unternehmen, Städte, Regionen und Menschen profitieren von einem attraktiven und nachhaltigen System Schiene“, informiert die zügige ÖBB-Presseabteilung: „Ohne hervorragend ausgebaute Verkehrswege und effizient erbrachte Verkehrsdienstleistungen wäre arbeitsteiliges Wirtschaften nicht möglich.“ Wer will da schon widersprechen, zumal jede Milliarde Euro Investitionssumme ungefähr 15 000 Arbeitsplätze schafft und sichert.
Wirtschaftsfaktor Eisenbahn
Die imposanten Zahlen sind ein Anlass, den Schienenverkehr nicht nur aus der Perspektive von Verspätungen und verstopften Klos zu beurteilen, sondern seinen volkswirtschaftlichen Beitrag zu betrachten. Und der ist beachtlich: Das System Bahn erwirtschaftet jährlich einen Bruttowertschöpfungseffekt von fast 8,2 Milliarden Euro, das sind 2,6 Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung Österreichs, hat der Volkswirtschaftsprofessor und langjährige IV-Chefökonom Christian Helmenstein in einer umfassenden Economica-Studie über die wirtschaftlichen Leistungen der ÖBB von zehn privaten Regionalbahnen, den fünf größten innerstädtischen Verkehrsbetrieben (Wien, Graz, Linz, Salzburg, Innsbruck) und den privaten Güterbahnen ausgerechnet.
Österreicher/innen sind Bahnfans
Schöner Spin-off der Analyse: Österreich ist beim Schienenpersonenverkehr europaweiter Spitzenreiter: Durchschnittlich fährt jede Österreicherin und jeder Österreicher 2255 Kilometer pro Jahr mit Zug, Straßen- und U-Bahn. Das ist mehr als das Doppelte des EU-Durchschnitts (1090 km). Insgesamt sind mehr als 100 000 Menschen im System Bahn beschäftigt, das naturgemäß auch einer der größten Auftraggeber der heimischen Bau- und Bahnwirtschaft ist.
Bahn, Plan, Bürokratie
Solche Größenordnungen verlangen – besonders in Österreich – eine akkurate Verwaltung, und entsprechend komplex ist die Bahnbürokratie: Der Rahmenplan gilt für sechs Jahre und wird jährlich um ein Jahr in die Zukunft erweitert. So hatte der Rahmenplan 2022 bis 2027 – der gegen Ende vergangenen Jahres durch Umlaufbeschluss des Ministerrats zum Rahmenplan 2023 bis 2028 wurde – nur 18,2 Milliarden Euro an Investitionen vorgesehen.
Kundennutz und Klimaschutz
Diese Pläne wiederum müssen nicht nur mit dem jeweiligen Regierungsprogramm, sondern auch mit dem „Zielnetz 2025+“ in Einklang gebracht werden, das zwischen ÖBB, Verkehrs- und Finanzministerium abgestimmt ist und die generelle Ausrichtung für den Ausbau der Schieneninfrastruktur der ÖBB definiert. Sein erklärtes Ziel ist die stärkere Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene, um einen erhöhten Modal-Split nach Ausbau der großen Achsen und Terminals zu erreichen und damit zur klimapolitisch notwendigen Reduktion von verkehrsbedingten CO2 -Emissionen beizutragen.
Schwerpunkt Südbahn
Die Umsetzungsschwerpunkte des „Zielnetzes 2025+“ liegen nach derzeitiger Planung in der Errichtung des Systems Südbahn, dem Bau des Brenner Basistunnels und der Fertigstellung der viergleisigen Weststrecke zwischen Wien und Wels. Das System Südbahn umfasst den Hauptbahnhof Wien, den Ausbau der Pottendorfer Linie, den Semmering-Basistunnel, den Umbau des Bahnhofes Graz sowie den Bau der Koralmbahn und den Ausbau zwischen Graz und Spielfeld. Darüber hinaus sollen Bahnhöfe und Haltestellen neu gebaut bzw. modernisiert und barrierefrei gemacht, große Güterterminals erweitert bzw. neu gebaut sowie qualitätsverbessernde Maßnahmen im Bestandsnetz finanziert werden. Demgemäß lauten die aktuellen Prioritäten des Rahmenplans 2023 bis 2028:
– Ausbau des Nahverkehrs in den Ballungsräumen,
– weiterer Ausbau der Infrastrukturanlagen für den Güterverkehr,
– Bahnhofsmodernisierungen,
– zügige Umsetzung des Elektrifizierungsprogramms,
– Maßnahmen zur Optimierung der betrieblichen Verkehrsabwicklung sowie Maßnahmen zur Effizienzsteigerung,
– Fortführung laufender Projekte, einschließlich Südstrecke, Brennerachse und Weststrecke
Die Bahn ist voll auf Schiene
Auf der Grundlage dieser Strategie will die Bahn langfristig ihre Position als bedeutende Verkehrsträgerin im Personen- und Güterverkehr in Österreich behaupten und ausbauen. Aus betriebs- und gesamtwirtschaftlicher Sicht setzen Politik und Bahnexpertinnen und -experten darauf, einerseits das Infrastrukturangebot dort weiterhin zu verbessern, wo hohes Potenzial für nachhaltige Verkehrsverlagerungen gegeben ist, und andererseits jene Infrastrukturmaßnahmen zu forcieren, die wesentlich zu einer Effizienzsteigerung im Eisenbahnbetrieb beitragen. Für Ministerin Leonore Gewessler ist die Bahn jedenfalls voll auf Schiene: „Mit diesem einzigartigen Instrument des Rahmenplans stellen wir Planungssicherheit bis 2028 her und setzen den beispiellosen Ausbau der Bahninfrastruktur im Sinne des Klimaschutzes und der Steigerung der Qualität des Angebots für Zugreisende fort.“
Perle der SWIETELSKY-Gruppe
Als international führender Dienstleister im großmaschinellen Bahnbau und langjähriger Partner der ÖBB verbindet auch SWIETELSKY mit dem neuen Rahmenplan große Hoffnungen. Peter Krammer besuchte als designierter Vorstandsvorsitzender bereits in seiner ersten Arbeitswoche im Unternehmen den Bahnbauhauptstandort in Fischamend und sprach in Medieninterviews von der Sparte als einer Perle der Unternehmensgruppe, die es zu polieren gelte.
„Wir werden alle Anstrengungen voll darauf ausrichten, unseren Kundinnen und Kunden ein zuverlässiger Partner mit Hightech und umfassender Kompetenz im Gleisbau zu bleiben und unser Leistungsspektrum sowie unsere Wertschöpfungstiefe bei internationalen Großprojekten weiter zu optimieren. Der Bahnbau ist klar in unserem strategischen Fokus“, so Krammer.
Finden Sie hier nähere Informationen des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zum Rahmenplan der ÖBB (2023 bis 2028).
„Gut aufgestellt für die Mobilitätswende“
Corona, Lieferketten, Energiepreise – wie hat sich der Bahnbau in den vergangenen beiden Krisenjahren gehalten?
Durchaus erfreulich. In den abgelaufenen drei Geschäftsjahren konnten wir die Bauleistung im Eisenbahnoberbau um etwa sieben Prozent steigern. Durch unsere international breite Aufstellung und Aktivitäten in mittlerweile 21 Ländern konnten wir Risiken abfedern und eine führende Position im großmaschinellen Gleisbau behaupten. Unser Geschäftsmodell erweist sich dabei als weitgehend resilient und insbesondere vor dem Hintergrund politischer Bemühungen im Zuge der Klima- und Mobilitätswende auch als besonders zukunftsfit.
Wie sehr profitiert der Bahnbau international vom Kampf gegen den Klimawandel?
Natürlich gehen wir von einem erheblichen Wachstumspotenzial aus, weil die dringende Notwendigkeit, den internationalen Güterverkehr auf die Schiene zu bringen, erhebliche Investitionen in die Infrastruktur erfordert. Auch der Personenverkehr der Bahn kann weiter attraktiviert werden, um auf seiner Langstrecke mit dem Flugverkehr und im urbanen Raum mit dem Auto noch konkurrenzfähiger zu werden. Entscheidend wird für uns sein, dass wir als SWIETELSKY für diese Aufgaben weiterhin gut aufgestellt sind, um den Anforderungen unserer Kundinnen und Kunden möglichst exakt zu entsprechen, sowohl in der Fläche als auch bei spannenden Großprojekten.
Einerseits gilt die Schiene schon aus Umweltsicht als Zukunftsmodell, andererseits werden viele Regional- und Nebenbahnen aufgelassen. Ist das klug?
Es freut mich nie, wenn eine Bahnstrecke aufgelassen wird. Ich habe aber ein gewisses Verständnis dafür, dass sich eine Bahnstrecke nur unter bestimmten Voraussetzungen wirtschaftlich darstellen lässt. Letztlich ist das immer eine politische Entscheidung, wo genau sich diese Grenze befindet. Ich denke aber, dass es gegenwärtig nicht am politischen Bewusstsein für die Dringlichkeit der Mobilitätswende mangelt. Der neue Rahmenplan der ÖBB bringt das auch sehr gut zum Ausdruck.
Die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene ist seit Jahrzehnten fixer Bestandteil politischer Sonntagsreden. Die Tonnagezahlen kümmert das wenig. Warum funktioniert das in Europa nicht, auch nicht im Fernverkehr?
Wir brauchen mehr Europa im Bahnverkehr. Ein Zug, der die Strecke von Andalusien nach Skandinavien bewältigen soll, wird xmal angehalten, weil die Lokführer an Landesgrenzen getauscht werden müssen und weil Lokomotiven ausgewechselt werden müssen, die entweder mit dem Strom- oder dem Sicherungssystem über der Grenze nicht zurechtkommen oder schlicht in einem anderen Staat keine Zulassung bekommen. Nationale Systeme verteuern das System Bahn unnötig. Hier müssten auf europäischer Ebene endlich die Weichen in Richtung Interoperabilität gestellt werden.
Die ÖBB haben umfangreiche Investitionen in den kommenden sechs Jahren angekündigt. Der Rahmenplan sieht 19 Milliarden Euro vor, mehr als drei Milliarden pro Jahr. Was erwartet sich SWIETELSKY davon?
Wir sind seit jeher ein stolzer Lieferant der ÖBB und deren Partner in der Sicherstellung einer modernen, effizienten und sicheren Bahninfrastruktur. An dieser engen, vertrauensvollen und über Jahrzehnte aufgebauten Zusammenarbeit liegt uns sehr viel. Mit unserer Entwicklung im großmaschinellen Gleisbau und unserem umfangreichen Serviceangebot im konventionellen Bahnbau über die gesamte Fläche Österreichs haben wir dazu beigetragen, dass unser Land über eine der effizientesten Bahninfrastrukturen Europas verfügt. Wir gehen also davon aus, dass wir die ÖBB auch weiterhin äußerst wettbewerbsfähig bei der Bewältigung ihrer umfangreichen Herausforderungen unterstützen dürfen.
Bei den Hochgeschwindigkeitszügen und -verbindungen hat Europa (vielleicht mit Ausnahme des TGV) das Nachsehen gegenüber Asien. Warum strengt sich die EU nicht mehr an, zumal Kurzstreckenflüge aus Klimaschutzgründen Auslaufmodelle sind?
Wenn Sie Asien und Europa im Bahnverkehr vergleichen möchten, sind die Voraussetzungen höchst unterschiedlich. Die Ballungsräume, die es in Asien zu verbinden gilt, sind bei Weitem größer, die Topografie ist eine andere, die Arbeitskosten, die rechtlichen Rahmenbedingungen und vieles mehr. Auf Ihre Frage gibt es also keine einfache Antwort. Was in Asien unter Umständen Sinn haben kann, ist in Europa oft wirtschaftlich nicht darstellbar.
Welche Rolle spielt die gute, alte Eisenbahn im Jahr 2050?
Vorbehaltlich nicht absehbarer technologischer Revolutionen sicher eine sehr bedeutende Rolle. Und aus heutiger Sicht wohl noch eine viel bedeutendere. Denn aktuell gibt es keine bessere Möglichkeit, große Massen an Menschen und Gütern sicher, komfortabel und umweltbewusst zu transportieren.