Sechs Tiroler Gemeinden errichten gemeinschaftlich ein Wasserkraftwerk. Die Arbeiten werden führend von der HTB-Baugesellschaft umgesetzt, der Projektumfang beträgt 52 Millionen Euro.
Wasserkraft hat in Tirol als wichtigste Energieressource lange Tradition und wird diese auch zukünftig beibehalten: Bis 2050 will das Bundesland völlig energieautark werden. Das Sellraintal und die beteiligten Anrainergemeinden schaffen dies bereits 2023. Mit dem Ziel, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, sauberen Strom zu produzieren und eine langfristige Einnahmequelle für die beteiligten Kommunen zu sichern, starteten die Gemeinden Oberperfuss, Sellrain, Grinzens, Gries, St. Sigmund und Unterperfuss im September 2021 offiziell die Bauarbeiten für ihr lange geplantes Gemeinschaftsprojekt. Das Vorhaben beinhaltet neben einem Krafthaus zwei Wasserfassungen und mehrere Kilometer an Druckrohrleitungen.
Geballte Power von zwei Kraftwerken
Das Triebwasser für das neue „Kraftwerk Sellrain“ (KWS) soll an der Melach zwischen Gries und Sellrain sowie am Fotscher Bach eingezogen, im Vereinigungsbauwerk im Ortskern von Sellrain gebündelt, über eine insgesamt ca. 9200 Meter lange Druckrohrleitung ins Krafthaus geführt und dort über die Turbinen abgearbeitet werden. Die Fallhöhe, also der Höhenunterschied zwischen den Fassungen und der Turbine, beträgt dabei rund 420 Meter, die Ausbauwassermenge für die Energieerzeugung stolze 3600 Liter pro Sekunde. Das Krafthaus selbst wird als Kaverne ausgebildet, es wird dafür also ein Hohlraum in den Fels gesprengt. Dafür hat die HTB-Baugesellschaft mit den Experten vom SWIETELSKY-Tunnelbau einen leistungsstarten Partner im Konzern gewonnen. Die Profis der HTB sind außerdem für den Bau eines weiteren Kraftwerks „Sellrain Fotsch“, das der Wasserfassung des KWS am Fotscher Bach vorgelagert wird, verantwortlich. In der Planung beider Projekte wurde in enger Zusammenarbeit mit Ingenieurbüro, Auftraggeber und Behördenvertretern auch größtmöglich Rücksicht auf ökologische und landschaftliche Aspekte genommen. So werden die Fassungsbauwerke grundlegend optimiert, große Anlagenteile bei den Fassungen überschüttet, alle Leitungen in die Erde verlegt und eben auch das Krafthaus unterirdisch angeordnet.
Alles aus einer Hand
Sämtliche Baumeisterarbeiten inklusive der Planung obliegen dem Verantwortungsbereich der HTB. Die Leistungen umfassen sehr viele Bereiche des Bauwesens, wobei nahezu einhundert Prozent vom Unternehmen selbst oder von Konzernschwestern umgesetzt werden. Dazu gehören etwa der Betonbau über und unter Tage, der Spezialtiefbau sowie der vollumfängliche Leitungsbau in sämtlichen Bereichen. Die Rohrverlegung wird in verschiedenen Ausführungen für die Druckrohrleitung, für Wasser- und Abwasserleitungen, Drainagen etc. umgesetzt. Außerdem kümmert sich HTB-Bau um jegliche Erdbauarbeiten für Steinmauern, Wasserumleitungen und Gewässerschutzanlagen sowie um die Herstellung und den Betrieb von Aushubdeponien an mehreren Standorten.
Zügiger Projektfortschritt
Vor ziemlich genau einem Jahr starteten die Vorbereitungsarbeiten im Bereich Krafthaus/Vorplatz unmittelbar vor der Wurmtalgalerie der Sellrainer Landesstraße. Im Zuge der Arbeiten wurden notwendige Felssicherungsmaßnahmen getätigt sowie das bestehende Gerinne im Baufeld umgeleitet. Der feierliche Stollenanschlag samt Segnung und Taufe des „Johanna-Tunnels“ bildete im Februar 2022 den offiziellen Startschuss für den Bau der Kavernenanlage; mit den Vortriebsarbeiten für Tunnel und Kaverne wurde unmittelbar danach begonnen. „Wir haben bereits das halbe Tal umgegraben“, schildert Ing. Dietmar Mair, Geschäftsführer der HTB-Baugesellschaft. Eine besondere Herausforderung für seine Teams stellen jene Anlagenteile dar, die sich im unmittelbaren Gewässerbereich der Melach und des Fotscher Baches befinden. Diese dürfen nämlich nur in den sogenannten „Niederwasserperioden“ und somit in den kalten Wintermonaten erfolgen. „Nach der Baustelleneinrichtung im Bereich der Wasserfassung Melach haben wir unverzüglich die Erdbau- und Sicherungsarbeiten aufgenommen, zeitgleich wurde auch mit den Erdbau- und Betonierarbeiten beim Vereinigungsbauwerk begonnen“, so Mair. Nach den Betonarbeiten wurde das Bauwerk hinterfüllt, die Arbeiten konnten planmäßig im Frühjahr abgeschlossen werden. Auch die Verlegungsarbeiten der Druckrohrleitung ausgehend vom Vereinigungsbauwerk in Richtung der Wasserfassungen Melach und Fotsch laufen. Ziel ist eine Gesamtfertigstellung des KWS im Laufe des kommenden Jahres, bereits Anfang 2023 soll das Kraftwerk ans Netz gehen. Die Inbetriebnahme des KW Fotsch ist bereits für Jahresbeginn 2023 geplant.
Gemeinschaftskraftwerk KWS
BESTANDTEILE:
- Wasserfassung Melach (Bereich Adlerhorst)
- Wasserfassung Fotscher Bach (Bereich Eisbrücke)
- Druckrohrleitungen: ca. 9200 Laufmeter — Krafthaus/Kaverne
TECHNISCHE DATEN:
- Ausbauwassermenge: 3600 Liter pro Sekunde
- Fallhöhe: ca. 420 Meter
- jährliche Energieerzeugung: ca. 55 Gigawattstunden (entspricht einem jährlichen Energiebedarf von ca. 15 000 Haushalten)
Wasserkraftanlage KW Fotsch
BESTANDTEILE:
- Wasserfassung
- Druckrohrleitungen: ca. 2230 Laufmeter
- Krafthaus (Bereich Eisbrücke)
TECHNISCHE DATEN:
- Ausbauwassermenge: 1000 Liter pro Sekunde
- Fallhöhe: ca. 240 Meter
- jährliche Energieerzeugung: ca. 8,9 Gigawattstunden (entspricht einem jährlichen Energiebedarf von ca. 2500 Haushalten)